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Gespräche zu Stücken
Johanna Richter: fear:less



Johanna, Du beziehst Dich in Deinem Stück „fear.less“ ganz konkret auf unsere Situation in der COVID19-Pandemie in der Zeit der strikten Kontaktbeschränkungen – wie hast Du diese Zeit persönlich erlebt?

Für mich war und ist es eine sehr komplexe Erfahrung – gesellschaftlich, politisch und menschlich. Ich habe erlebt, wie die künstlerischen Berufe, die mein Leben prägen, in einem Vakuum verschwunden sind; wie sich das Miteinander auf absurdeste Weise verkomplizierte, und wie der Zwang zur Vereinzelung viele in die Verzweiflung trieb. Gleichzeitig habe ich eine Zeit erlebt, in der die Rückbesinnung auf das, was zählt, vieles andere in den Hintergrund rückte. Ich hatte großes Glück, mich in dieser Zeit nicht verloren und einsam zu fühlen

„fear.less“ – also angstfrei oder weniger Angst haben - ist der Titel Deines Stückes, hast Du das Gefühl wir bewegen uns auf eine Gesellschaft der Angst zu?

Die Bedrohung durch die Pandemie hat exemplarisch gezeigt, dass die Machtlosigkeit gegen einen nicht sichtbaren oder greifbaren Virus global zu Schreckensszenarien führt, die uns in die Hilflosigkeit drängen. Und das macht Angst. In einer Zeit der Kontrolle über alle Lebenszusammenhänge, bis hin zur Selbstoptimierung, ist eine solche Bedrohung unerträglich. Sicher ist, die Fläche, auf die das Gefühl fällt, ist eine ureigen menschliche. Wir alle müssen mit Angst umgehen, oder umzugehen lernen. Das bringt das Leben mit sich.

Ein schöner Satz in Deiner Ankündigung von „fear.less“ ist, dass auf der Bühne aus Angsträumen Möglichkeitsräume werden können ...

Die Bühne als unmittelbarer Erlebnisort, hat immer schon die große Kraft gehabt, Erlebnisse zu spiegeln, Geschichten zu teilen, und zur Identifizierung mit den Figuren einzuladen. Die physische und unbewusste Ebene dieses besonderen gemeinsamen Erlebnisses zwischen Publikum und Bühnengeschehen, eröffnet Räume für neue Perspektiven, und Reflexion über die eigene Lebensrealität..

Viele Deiner Stücke sind eine Zusammenarbeit mit Tänzer- und Schauspieler:innen, erzählen sich doch immer weitestgehend über den Körper ...

Eigentlich habe ich immer schon Geschichten erzählt, Menschheitsgeschichten übersetzt in das Vokabular des Köpers. Der spielerische, situative Aspekt meiner Stücke, war mir dabei immer wichtiger, als das abstrakte Bewegungsvokabular. Durch meine langjährige Lehrtätigkeit an der Otto Falckenberg Schule habe ich immer mehr Schnittstellen zwischen Schauspiel und Tanz entdeckt. Es gibt für mich nicht Schauspieler:innen und Tänzer:innen, sondern nur künstlerische Persönlichkeiten, die zusammen eine Geschichte zum Leben erwecken. Für mich ist Tanz-Theater wirklich eine Synergie beider Künste; und gerne würde ich auf alle Kategorisierungen verzichten, wo Tanz anfängt und wo Schauspiel aufhört

Du warst ja 12 Jahre lang Choreographer-in-Residence an der Schauburg in München, mit „fear.less“ kehrst Du auch in die Freie Szene Münchens zurück ...

Nach den Jahren „in Residence“ bin ich tatsächlich jetzt zurück in der Freien Szene – und damit auch wieder gewissermaßen zurück auf Null. Ich hätte nicht gedacht, dass ich nach den vielen Jahren, in denen ich mit meinen Stücken kontinuierlich präsent war, wirklich wieder ganz von vorne anfange, und Anträge stelle, in denen ich meinen choreografischen Stil beschreibe. „fear.less“ konnte ich als als Koproduktion verwirklichen und besonders freut mich, dass ich hier mit einem Ensemble arbeite, dessen Mitglieder ich an anderer Stelle (Otto Falckenberg Schule/Plattform HIER=JETZT) gefördert habe.

"fear:less" ist von26. – 28. November 2021, 20:00 Uhr im schwere reiter zu sehen. Hier gibts die Tickets: schwere reiter

Erste Einblicke zeigt der Trailer



Mehr zu Johanna Richter auf ihrer Homepage


Das Gespräch mit Johanna Richter führte Simone Lutz, Oktober 2021


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